Es gibt gute Alternativen zu Hartz
IV
Vielen Protagonisten ist die gute Absicht nicht abzusprechen. Die "Modernen Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" sollten die Arbeitslosigkeit halbieren. Von Erfolg sprechen nur noch wenige.
Erstens: Viele Menschen glauben, dass die Arbeit zu teuer ist. Das ist aber nicht richtig. Die Lohnstückkosten sind gefallen und sollen weiter gedrückt werden.
Zweitens wurde endlich ein allgemein verbindlicher Mindestlohn durchgesetzt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund ist zur lahmen Ente geworden, kann selten gute Arbeitsbedingungen durchsetzen und muss sich mit schwachen Appellen und freiwilligen Zugeständnissen begnügen. Für Arbeitslose und prekär Beschäftigte sind Gewerkschaften ohnehin kaum zuständig. Die neuen Förderinstrumente des Jobcenters konnten nur sehr wenige gute Jobs schaffen. Erschreckend wenige Förderfälle münden in einen regulären Job.
Drittens lässt sich die Krise der Arbeitsgesellschaft nicht nur durch Lohnarbeit lösen. Das Grundeinkommen ist ein Projekt, das von vielen Menschen unterschiedlicher politischer Ansichten unterstützt wird, weil es viele Vorteile gegenüber der bestehenden Grundsicherung hat. Das Spektrum der Befürworter ist breit gefächert und reicht von der
Linkspartei bis zu Wirtschaftsliberalen. Außerdem kommt
bei dem garantierten Mindesteinkommen mehr unten an, weil weniger Bürokratie nötig ist.
Die Kritik der Kritik - neue Sichtweise auf den
Wirtschaftsstandort Deutschland
Hartz IV war nur eine Zwischenstation auf dem Weg zu einem modernen Sozialsystem ohne Druck und Strafe. Mehr Menschen wollen ein anderes Sozialsystem. Mein Vorschlag ist, Hartz IV schrittweise zum garantierten Mindesteinkommen umzubauen und das bestehende Sozialsystem zu ergänzen – Hartz plus.Wenn wir Menschen mehr Geld geben und ihnen helfen, können sie sich besser für die Gesellschaft engagieren. Arbeit lohnt sich durch monetäre Anreize - so bricht die Wirtschaft nicht zusammen, wenn die Arbeitswelt menschlicher wird und die Angst um den Arbeitsplatz nachlässt.
Das garantierte Mindesteinkommen ist eine innovative Idee, die Menschen von existenziellen Druck befreien soll. Das garantierte Mindesteinkommen ist eine innovative Idee, die Menschen von existenziellem Druck befreien soll. Es gibt es auch Gegner, die denken, dass der Arbeitsanreiz leidet. Das ist nach dem Modell der negativen Einkommensteuer gerade auszuschließen. Es gibt drei Akzeptanzprobleme für ein garantiertes Mindesteinkommen.
Der erste Monitum ist, dass es zu sozial sei und dass die Kombination mit einem Mindestlohn schädlich ist. Binnenmarkt und Kaufkraftschwund sind Wirtschaftsradikalen egal, solange sich Gewinne durch Exporte realisieren lassen. Und davon gab es nicht nur für die Konzerne reichlich. Die linken Gegner des Grundeinkommens behaupten, dass der Vorschlag den Neoliberalen in die Hände spielt und auch nicht finanzierbar ist.
Der zweite Vorbehalt ist die Finanzierung. Ein Grundeinkommen muss nicht mehr kosten. Sozial wünschenswerte Mehrkosten lassen sich zu erheblichen Teilen umschichten und z. B. über Subventionen Aufbau Ost, über Steuern oder innerhalb der Sozialversicherung aufbringen. Die Arbeitsagentur, die gesetzliche Kranken- und das umlagefinanzierte Rentensystem werden derzeit schlecht geredet, weil Lobbygruppen in der Privatisierung öffentlicher Leistungen neue Profitchancen zulasten der Allgemeinheit sehen. Mindesteinkommen lässt sich ohne Umverteilung finanzieren.
Die Arbeitspflicht ist das dritte Akzeptanzproblem des Mindesteinkommens. Die neue Arbeitswelt ist nicht nur schlecht bezahlt und prekär, sondern oft perspektivlos. Andererseits ist freiwillige Tätigkeit ein langgehegter Menschheitstraum, welches durch Mindesteinkommen besser möglich wird. Das individuelle Grundeinkommen als Gegenkonzept zu Hartz IV kennt weder Bedürftigkeitstests noch Sanktionen oder Arbeitszwang, welche die individuelle Freiheit beschneiden. Doch die Mehrheitsgesellschaft billigt ein Grundeinkommen nur dann, wenn sich die Begünstigten dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen.
Der Abschied von der Vollbeschäftigung
Viele Menschen vermissen die Zeit der Vollbeschäftigung, die durch Konsum und soziale Revolten beendet wurde. Doch Gewerkschaften sind nicht in der Lage, hohe Wachstumsraten und Vollbeschäftigung zu erreichen, und ökonomisches Wachstum ist ökologisch nicht verantwortbar. Ressourcenverbrauch, Energiekrise und Klimawandel wären nicht mehr beherrschbar.
Der Staat sollte sich nicht aus der sozialen
Verantwortung verabschieden, indem er das Sozialsystem privatisiert. Firmen brauchen zudem den Stachel der Löhne und Sozialeinkommen, damit sie weiter
forschen, neue Techniken und Verfahren entwickeln. Dies bedeutet, dass es vernünftig ist, am öffentlichen Sozialsystem festzuhalten. Was es braucht, ist eine Weiterentwicklung.
So könnte es funktioneren: Vier-Punkte-Plan zur Weiterentwicklung der Grundsicherung für
Arbeitsuchende (Hartz IV) zu einem garantierten Grund- bzw. Mindesteinkommen
Der erste Schritt ist die Anhebung der Regelsätze. Die Menschen haben wegen hoher Lebensmittel- und
Energiepreise sonst zu wenig Geld und das ist schlecht für unsere
Wirtschaft. Wir brauchen die Kaufkraft, um die Binnenwirtschaft zu
stabilisieren.
Im zweiten Schritt sind Arbeitsanreize für Hartz-IV-Aufstocker zu
stärken. Ein solches System heißt negative Einkommensteuer, welches ihren
Schrecken verlieren kann, wenn es existenzsichernd ist und als Einstieg für ein
bedingungsloses Grundeinkommen verstanden wird. Außerdem sind investierte
Vermögenseinkommen steuerfrei zu machen und anders verwendete
Vermögenseinkommen massiv zu besteuern.
Als drittes Element wird die Regelung für sogenannte zumutbare
Arbeit abgeschafft, die weder das Land, noch die Menschen voranbringt.
Chancengerechtigkeit gibt es nur, wenn sich Menschen frei für eine Arbeit
entscheiden können. Entwicklungschancen für Kinder gibt es nur, wo die Eltern
nicht von der Last erdrückt werden, sondern genug zum Leben haben.
Armutsfestigkeit ist im vierten Schritt zu erreichen.
Entlastungseffekte werden durch Umschichtungen, weniger Kontrollbürokratie und
Selbstfinanzierungseffekte sowie zusätzliche Beschäftigung erreicht.
Durchgerechnet wurden diese Pläne bereits. Doch der politische Mut fehlt.
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